Wie sehen Bienen?
Etwas Geschichte zu Beginn
Bei den Imkern ist es seit langer Zeit üblich nebeneinanderstehende Bienenstöcke an der Front in verschiedenen Farben zu markieren. Der experimentelle Nachweis über das Farbsehen der Bienen erfolgte jedoch erst deutlich später, nämlich 1914 durch Karl von Frisch [1]. In aller Ausführlichkeit in seiner auch als Buch erschienen Abhandlung nachzulesen. In den 1920er konnte der Zoologe Alfred Kühn den Spektralbereich der Bienen auf ca. 313 µm bis 650 µm bestimmen [2].
Die Farbwelt der Biene
Im Vergleich zum Menschen sind Bienen demnach „rotblind“. Ebenso besitzen Hummeln [3, 4] und Wespen [5] diese Rotblindheit. Andererseits sind etliche Tagfalter bekannt, die begrenzt rotempfindlich sind [6]. Daher finden sich in der heimischen Flora auch relativ wenige rote Blüten, sondern eher Purpur-Farben. Im Vergleich dazu dürfte die Fähigkeit bis tief ins Ultraviolett hinein sehen zu können für die Insekten wesentlich bedeutsamer sein. Das Farbsystem der Biene und anderer Insekten besteht demnach aus Gelb-, Blau- und UV-Bereichen. Letzter bleibt uns Menschen leider verborgen, so dass wir ohne technische Hilfsmittel die UV-Male [7] der Blüten leider nicht sehen können. Karl Daumer fand schließlich heraus, dass Bienen weit mehr Farbtöne unterscheiden können [8], die sich analog zum menschlichen Sehen auch als Farbkreis darstellen lassen [9].
Der Farbenkreis der Biene schließt sich im schraffierten Feld durch die Mischung aus Ultraviolett und Gelb, dem so genannten Bienenpurpur [8]. Wie die Biene diese Mischung wahrnimmt, bleibt uns Menschen leider unbekannt.
Eine bunte Blumenwiese ist also auch für Bienen bunt – nur anders.
Mit Kenntnis der Beziehungen zwischen den Grundfarben lassen sich die „Bienenfarbtöne“ von Blüten und Blättern simulieren. Alternativ lässt sich die Bienensicht durch Zusammenbau eines Falschfarbenfotos [10] nachstellen oder durch eine geeignete Filterkombination, z.B. Schott UG5 und S8612. Mit dieser Kombination lassen sich Bilder ähnlich der Sehweise von Insekten anfertigen.
Mit Hilfe dieser Falschfarbenbildern lässt sich ein Eindruck gewinnen, welche zusätzlichen Farbinformationen ein Insekt nutzt. Im obigen Beispiel von Rudbeckia wird sichtbar, dass die Blüte zwei deutlich unterschiedliche Farben in der Insektensichtweise bietet. Wer generell etwas tiefer und auf empirischer Ebene in die "Bienensicht" eintauchen möchte, dem sei die Publikation von Daumer [11] aus dem Jahr 1958 empfohlen. Schon etwas älter, aber a) auf deutsch und b) reichlich bebildert.
Quellenangabe
- [1] Frisch, Der Farbensinn und Formensinn der Biene, erschienen in: Zool. Jahrb., Abt. f. allg. Zool. u. Phys., Bd.35, 1914. oder eben als Buch im Verlag: G. Fischer, Jena, 1914.
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https://ia801606.us.archive.org/32/items/derfarbensinnund00fris/derfarbensinnund00fris.pdf
- [2] Kühn, Über den Farbensinn der Bienen. Z. Vergl. Physiol. 5, S. 762–800 (1927).
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https://doi.org/10.1007/BF00302277
- [3] Kugler, Blütenökologische Untersuchungen mit Hummeln. Planta 10, S. 229–280 (1930).
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https://doi.org/10.1007/BF01911456
- [4] Kugler, Blütenökologische Untersuchungen mit Hummeln VIII - Zur Nahanlockung von Neulingen - Versuche mit der Schmarotzerhummel PSITHYRUS RUPESTRIS (F.) - Zum Rotfarbensinn der Hummeln, Planta 25, S. 346–63 (1936).
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http://www.jstor.org/stable/23357203
- [5] Menzel, Über den Farbensinn von Paravespula germanica F. (Hymenoptera): ERG und selektive Adaptation. Z. vergl. Physiologie 75, S. 86–104 (1971).
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https://doi.org/10.1007/BF00335139
- [6] Ilse, Über den Farbensinn der Tagfalter. Z. f. vergl. Physiologie 8, S. 658–692 (1928).
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https://doi.org/10.1007/BF00338976
- [7] Kugler, UV-Musterungen auf Blüten und ihr Zustandekommen. Planta 59, S. 296–329 (1963).
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https://doi.org/10.1007/BF01872300
- [8] Daumer, Reizmetrische Untersuchung des Farbensehens der Bienen. Zeitschrift fü vergleichende Physiologie 38, 413–478 (1956).
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https://doi.org/10.1007/BF00340456
- [9] Barth, Biologie einer Begegnung. Die Partnerschaft der Insekten und Blumen, Verlag: Deutsche Verlags-Anstalt GmbH, Stuttgart, S. 121, ISBN-13: 9783421027269 (1982).
- [10] Lunau, Ultraviolett – die unsichtbare Seite der Blumen. Der Palmengarten. 85, S. 27–37 (2021).
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https://doi.org/10.21248/palmengarten.565
https://ojs.ub.uni-frankfurt.de/Palmengarten/index.php/Palmengarten/article/view/565/523 - [11] Daumer, Blumenfarben, wie sie die Bienen sehen. Zeitschrift für vergleichende Physiologie 41, S. 49–110 (1958).
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https://doi.org/10.1007/BF00340242